Kit Zauhar

Kit Zauhar

Guten (Mon)Tag, liebe Gäst*innen des Roten Salons, die verträumt und verstreut am Tresen sitzen und das Wochenende verschmerzen. Noch ein Song und eine Zigarette, dann gehts nach Hause, wird der Montag schon wieder gewesen sein.
Für einen Abend wie heute habe ich zwei Filmtipps für Sie kaltgestellt, die ich Ihnen als letzten Absacker oder zum Mitnehmen, servieren möchte.

Beide Filme sind von Kit Zauhar, auf die ich zufällig gestoßen bin und die mich umgehauen hat. Kit Zauhar, 1995 geboren, ist Regisseurin, Drehbuchautorin, Schauspielerin und Produzentin und verhandelt in ihren Filmen auf sehr kluge und nahbare Weise Themen wie Erwachsenwerden und zwischenmenschliche Beziehungen.

In „Actual People“ (2021), spielt Kit Zauhar selbst die Hauptfigur Riley. Riley kommt aus Philadelphia und ist gerade dabei ihr Studium in New York zu beenden. Dabei durchläuft sie einen nicht unüblichen Struggle von Sinnfragen wie: Wo will ich eigentlich leben? Finde ich überhaupt Arbeit? Findet mich mein Love Interest gut? Finde ich mich selber gut?
Durch den schonungslosen, intimen Einblick in Rileys Leben, ist die Zuschauerin so nah an ihr dran, dass sie automatisch einen liebevollen Blick entwickelt, auf eine Figur, die gar nicht nur sympathisch, sondern auch melodramatisch, egozentrisch und nervig gezeichnet ist. Sehr nahbar eben, sodass sie ein großes Identifikationspotenzial bildet.

Die Inszenierung der Protagonistin im Zentrum der Handlung, um die sich verschieden große und kleinere Nebenrollen und Erzählstränge herum bewegen, unterstützt die „Main-character-energy“ der Rolle, die die Figur Riley in ihrem eigenen Leben spielt. Diese Strategie überhöht die Figur auf eine humorvolle und liebevolle Weise

Was mir, neben der Erzählweise und der präzisen Figurenentwicklung, noch besonders gut gefällt, ist die Ausstattung und das Licht, die ihre Figuren wohlwollend inszenieren. Die schönste Szene: Als Riley auf einer Hausparty mit dem Love Interest ihrer Freundin ins Bad geht, um sich mit zwei Keramik Tassen, an der blauen, alkoholhaltigen Flüssigkeit aus der Badewanne zu bedienen. Riley, bereits betrunken, und der Typ, setzen sich mit ihren Tassen auf den Badewannenrand, vor einen durchsichtigen Plastikvorhang. Riley trägt ein apricotfarbenes Pannesamt-Top und große, rosafarbene Ohrringe zu offenem Haar und dunkel blauem Lidstrich. Aus ihrem Becher trinkend fragt sie ihre Begleitung, ob er glaube, dass sie, Riley, gut im Bett sei. Diese Szene liebe ich, weil sie so entwaffnend ist. Sie könnte ihre Figur so unattraktiv machen und die Zuschauerin fremdschämen lassen, stattdessen aber fühlt man sich ihrer Figur noch näher und teilt ihr betrunkenes Selbstmitleid.

Die Unmitteilbarkeit und Dringlichkeit von Kit Zauhars Kino erinnert mich an Xavier Dolan, nur mit ruhigerer Kamera und Erzählung. Vielleicht liegt das auch daran, dass beide Filmemacher*innen so jung sind oder waren, als sie ihre ersten Filme gemacht haben. Bei Zauhar finde ich weniger Glamour als bei Dolan, dafür mehr Authentizität. Die liebevolle Ausstattung und Figurenentwicklung hat mich an Dolan erinnert.

Der zweite Film, den ich von Kit Zauhar gesehen habe, heißt „This Closeness“ (2023). Hier spielt Kit Zauhar ihre Protagonistin Tessa wieder selbst. Der Film spielt in einem Airbnb, in dem Tessa und ihr Partner Ben einige Nächte wohnen, während der Host Adam ebenfalls zu Hause ist. Innerhalb dieser Dreier-Konstellation und den Räumen des Apartments, ergeben sich unangenehm realistische Szenen, bei denen die Zuschauerin unmittelbar dabei ist. Wie der Titel schon verspricht, very Close eben. Dabei führt die Erzählung nirgendwo spezifisch hin und das Ende ist ein sehr offenes. Der Film vermittelt, auch durch den präzisen Einsatz von Sound, lediglich das sehr sinnhafte Erleben eines Paares, dass sich in einem fremden Umfeld selbst teilweise fremd erscheint. Und sich dazu in und mit der Gesellschaft einer fremden Person verhält.

Kit Zauhar ist ein Genie. Merken Sie sich ihren Namen!

Xoxo, Ihre Gerti von Binge

Grace Ives, Babyyy

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