Essays und Eiskaffee

Essays und Eiskaffee

Guten Morgen liebe Gäst*innen des Roten Salons, auf der Terrasse oder vor den Empfangsgeräten.

Falls Sie überlegen, was Sie als nächstes lesen wollen und sich nicht gleich einer langen Geschichte zwischen zwei weit auseinanderliegenden Buchdeckeln verschreiben wollen, empfehle ich Ihnen heute einige Essaybände. Ich habe zufällig zuletzt einige solcher gelesen und kann die Lesart, unterschiedlicher, mehr oder weniger abgeschlossener Texte in einem Umschlag, sehr empfehlen.
Serviervorschlag dafür: Eiskaffee mit Vanilleeis und Milchschaum!

„Verdunstung in der Randzone“ von Ilija Matusko, Edition Suhrkamp, 2023

Ein Ort, der den Sommer in sich eingeschrieben hat und leider, aufgrund von steigendem Eintrittspreis, immer schwieriger besuchbar wird, ist natürlich das Freibad oder Sommerbad. Hier wird schwimmen gelernt, sich an den Kräften der Anderen und des eigenen Körper(s) gemessen und der nötige Überblick über den demographischen Wandel durch die Sommerferien gewahrt. Erwachsene gehen schwimmen oder pennen auf der Wiese. Was zu jedem Freibad-Besuch dazu gehört, sind natürlich die Fritten, anhand derer nicht selten die Qualität eines Freibads gemessen wird.

Zum Themenkorpus Fritte passt natürlich die „Verdunstung in der Randzone“, das literarische Debüt von Ilija Matusko, dessen 10 Kapitel sich wie Essays lesen. In „Verdunstung in der Randzone“ beschreibt Ilija Matusko die Arbeit seiner Eltern in deren gastronomischer Wirtschaft und den „Fettgeruch“ der ihm dadurch als Heranwachsender anhaftete. Es geht auch um Grenzgänge innerhalb und zwischen sozialen Unterschieden und den Versuch der eigenen Verortung.

„Vom Tellerwäscher zum Autor, der übers Tellerwaschen schreibt. Habe ich es geschafft, weil ich mir als Textarbeiter weniger körperliche Arbeit leisten kann? Was genau habe ich geschafft? Warum fühle ich mich in einer Kunstgalerie genauso unwohl wie an einem Stammtisch? Ich schreibe diese Fragen in mein Notizbuch. Im Liegen, sodass der Kugelschreiber die Tinte verliert und die Schrift langsam ausdünnt.“ (Seite 14)

„Stromlinienunförmig“, von Anastasia Tikhomirova, Edition Assemblage, 2023

Und wer im Freibad ihre Bahnen lieber in entgegengesetzter Richtung zieht, sollte unbedingt „Stromlinienunförmig“ lesen. Das Buch von Anastasia Tikhomirova ist eine Auswahl ihrer journalistischen Arbeiten, mit den Schwerpunkten Antislawismus, Antisemitismus, Feminismus, Russlands Krieg gegen die Ukraine und Leerstellen im linken Diskurs.

„Eiscafé Europa“, von Enis Maci, Edition Suhrkamp, 2018

Nach dem Freibad ist man ja immer müde und hatte zu viel Sonne, deshalb sollte man das nächste Eiscafé aufsuchen. Eiscafés sind ja eh die besten Orte. Man kann über einem Erdbeerbecher oder Spaghettieis stundenlang versacken, sodass es schon Zeit wird für Aperol und Campari. Wenn man müde wird kann man Espresso bestellen. Das Eiscafé Europa ist ein Essayband von Enis Maci. Es handelt sich dabei um 8 collagenhafte Essays, in denen die Autorin mit einer besonders schönen Sprache über unterschiedliche gegenwärtige Themen nachdenkt, wobei sie immer wieder Bögen zu ihrer eigenen Kindheit und dem Eiscafé Europa zieht.

„Die Position der Löffel“, Deborah Levy, Aki Verlag, 2024

Als ich neulich aus meinem Thalasso-Zelturlaub zurück in das Leben mit eigener Wasserleitung und Haustürschlüssel kehrte, lag auf meinem Nachttisch ein Geschenk: „Die Position der Löffel“ von Deborah Levy, herausgegeben vom Aki Verlag. Damit wurde mir eine ganz ganz große Freude gemacht. Ich liebe nämlich Deborah Levy und die drei Bücher, die ich zuvor von ihr gelesen habe und ich liebe den Aki Verlag. Bei „Die Position der Löffel“ handelt es sich ebenfalls um einen Essayband, und ich liebe jedes.

Am Besten gefällt mir „Das A-Z des Todestriebs oder eine Schnellstraße zum Tod, ein gefährlicher Roadtrip durch Tod, Ruhm und Automobil“

Hierzu kann ich wieder den selbstgemachten Eiskaffee empfehlen, Die Position der Löffel auf dem Schoß und im Glas…

Xoxo, eure Lesemaus

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